Zwei Kinder pusten einander Seifenblasen zu. Foto von Ernst Grünwald

Gummistiefel statt Autoreifen. Vom richtigen Moment für Veränderung.

Der Regen rinnt die Fensterscheiben herunter, draußen ist es noch dämmrig, es verspricht ein kalter Tag zu werden. Susi kuschelt sich noch in ihre Decke, bevor die morgendliche Routine beginnt: aufstehen, Frühstück machen, Kinder wecken. Ihr Mann Jörg übernimmt es, die Kleinen in die Schule zu bringen, denn sie muss kurz vor acht an ihrem Arbeitsplatz sein. Die Tage von Susi und Jörg sind gut organisiert. Um den oft stressigen Alltag meistern zu können und überall zeitgerecht hinzukommen brauchten die beiden bis vor kurzem noch ein Auto. Doch das hat sich geändert.

Vor einiger Zeit ist Susis Familie umgezogen. Der neue Wohnort hat auch Änderungen der täglichen Wege mit sich gebracht. Jörg macht nun jeden Morgen einen kurzen Spaziergang mit den Kindern, fröhliches In-die-Pfützen-springen inklusive. (Zumindest an Regentagen wie diesem.) Susi fährt jetzt öfter mit dem Fahrrad zur Arbeit. Ihr Rücken dankt es ihr. Das viele Sitzen beim Autofahren und im Büro hatte sich bereits schmerzlich bemerkbar gemacht.

Mutter und Kind gehen Hand in Hand durch den Regen. Kind trägt Gummistiefel und rosa Regenjacke. Foto: Sebastian Philipp

Veränderung bringt Bewegung in den Alltag

Das von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlene Mindestmaß von 150 Minuten Bewegung in der Woche erreichten Susi und Jörg früher nicht – so wie gut zwei Drittel der Europäerinnen und Europäer. Dass die beiden nun bewusster mehr Bewegung in ihren Alltag einbauen, hat auch mit der europaweiten Aktion „Switch“ zu tun, die Menschen in Umbruchsituationen dazu anregt, ihre Alltagsmobilität zu überdenken und aktiver zu gestalten.

So war es auch kein Zufall, dass Susi kurze Zeit nach der Übersiedelung von der Initiative erfuhr. Denn der Wohnortwechsel ist neben dem Schuleintritt von Kindern oder einer ärztlichen Empfehlung zu mehr körperlicher Bewegung einer jener Umbruchsituationen, auf die „Switch“ zugeschnitten ist.

1.500 Personen sind „ge-switched“

Das EU-Projekt wurde im Jahr 2015 in fünf europäischen Städten durchgeführt – neben Wien beteiligten sich auch San Sebastian /Donostia, London, Gdansk und Antwerpen. Gesundheitsbezogene Informationen, individuelle Mobilitätsberatung und der Einsatz von motivierenden Apps und Mitmachangeboten für Menschen in biografischen Umbrüchen sind die gemeinsamen Elemente aller „Switch“-Kampagnen. Das Ziel ist es, Menschen zum Radfahren und Zu-Fuß-Gehen zu motivieren und so letztendlich den Ausstoß schädlicher Emissionen in Städten zu reduzieren.

Individuelles Beratungsgespräch im Rahmen von "Switch". Foto: Christian Fürthner

In Wien meldeten sich 1.500 Personen zur Teilnahme an „Switch“ an, und gaben online, telefonisch oder im Zuge direkter Interviews Auskunft über ihr Mobilitätsverhalten. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten ein auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Informationspaket. Das Angebot reichte von Wander- und Radkarten über Bewegungs-Apps bis zu individuellen Routenberechnungen und Fahrradreparaturkursen.

Veränderung mit nachhaltigem Erfolg

Der Erfolg der Aktion kann sich sehen lassen: Befragungen wenige Wochen nach der Kampagne zeigten, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer um vier Prozent mehr Wege zu Fuß und zwölf Prozent mehr Wege mit dem Rad zurücklegten. Autofahrten gingen um vier Prozent oder 4.278 km pro Woche zurück. So wurden 855,6 kg CO2 pro Woche eingespart. Auch noch ein halbes Jahr später zeigte die Aktion Wirkung, mit mehr Fußwegen und weniger Autofahrten im Vergleich zur Ersterhebung.

Susi, Jörg und ihre zwei Kinder haben sich inzwischen gut in ihrer neuen Wohngegend eingelebt und genießen es, gemeinsam draußen zu sein. Denn ihre Alltagswege erledigen sie hauptsächlich zu Fuß oder mit dem Rad.

Ein Vater und seine beiden Söhne fahren gemeinsam Fahrrad. Foto: Stephan Doleschal

Switch. Mit aktiver Mobilität zu mehr Wohlbefinden
In Wien wurde die vom Intelligent Energy Europe Programme of the European Union (IEEP) geförderte Kampagne „Switch“ von der Mobilitätsagentur und der Universität für Bodenkultur durchgeführt.
Weitere Informationen zu „Switch“ finden Sie hier: https://www.switchtravel.eu/deutsch

 

Anmerkung der Autorin: Die Beschreibung der fiktiven Familie beruht auf Aussagen aus Fokus- und Feedbackgesprächen mit Switch-Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

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