Menschenmenge auf der Rotenturmstraße im 1. Bezirk Wiens.

Zu-Fuß-Gehen im Regierungsprogramm

Am Dienstag, 7. Jänner hat eine neue Bundesregierung ihr Amt angetreten. Im Vorfeld hat diese im Regierungsprogramm ihre Vorhaben präsentiert. Darin findet sich auch ein Kapitel mit dem Titel „Radpaket und Zufußgehen – Offensive für aktive, sanfte Mobilität“. Fußverkehrsbeauftragte Petra Jens hat sich angesehen, was sich die Regierung für die kommenden Jahre im Bereich Zu-Fuß-Gehen vorgenommen hat.

Zu-Fuß-Gehen: Erstmals im Regierungsprogramm

Zum ersten Mal widmet sich ein Regierungsübereinkommen der Förderung des Fußverkehrs. Das ist insofern bemerkenswert, als das Zu-Fuß-Gehen in der Kompetenz der Gemeinden liegt und der Bund bisher wenig Einflussmöglichkeiten darauf hatte, wie engagiert Gemeinden gute Bedingungen für das Zu-Fuß-Gehen bereitstellen. Das könnte sich in den nächsten Jahren ändern. Zwei wesentliche Hebel gibt es dafür, und sie sind im vorliegenden Regierungsübereinkommen explizit ausgeführt.

Bundes-Förderung für Fußwege

Der Bund will Gemeinden künftig bei der Errichtung von Fußgänger-Infrastruktur finanziell unterstützen. Dafür muss zuerst die „klimaaktiv Förderung“ angepasst werden. Im Unterschied zur Radinfrastruktur war dies bisher nur sehr eingeschränkt möglich. Denn „klimaaktiv“- Förderungen waren bisher an ein theoretisches CO2-Einsparungspotenzial geknüpft.

Wer also einen Kilometer Radweg baute, rechnete sich aus, wie viele Menschen darauf mit dem Rad fahren werden, und wieviel CO2 emittiert würde, führen diese Menschen stattdessen mit dem Auto. Dieser Ansatz benachteiligte Fußverkehrs-Infrastruktur. Denn zu Fuß werden vorwiegend kurze Wege zurückgelegt. Auch wenn diese Wege für eine klimaschonende Mobilitätskette wesentlich sind (sie fungieren als „Kitt“ zwischen verschiedenen Verkehrsmodi) waren sie aufgrund des CO2-Berechnungsschlüssels meist nicht förderwürdig.

Kompakte Bebauung: Wohnen, Klimaschutz und Mobilität

Auch Punkte in anderen Kapiteln des Regierungsprogramms haben Einfluss auf aktive Mobilität, also das Radfahren und Zu-Fuß-Gehen. So will der Bund laut Regierungsprogramm künftig mehr Einfluss auf die Art der Bebauung nehmen, welche in der Kompetenz der Länder liegt.
[siehe Kapitel „Gesellschaft und Transparenz; Justiz & Konsumentenschutz; Wohnen]
Die Raumordnung bestimmt die Siedlungsstruktur, und davon hängt ab, ob sich die Menschen im Alltag mehr oder weniger per Fahrrad oder zu Fuß bewegen.

Dicht bebaute Gemeinden bedeuten kurze Wege, was dem Zu-Fuß-Gehen förderlich ist. Locker bebaute Siedlungen bedeuten lange Wege, was das Autofahren begünstigt. Künftig soll die Raumordnung, die Bauordnung und auch die Wohnbauförderung stärker auf den Klimaschutz ausgerichtet werden. Aus Sicht des Fußverkehrs ist das Augenmerk auf effiziente Bodennutzung durch kompakte Bebauung ein nachhaltiger Ansatz.

Fußgänger flanieren entlang der neugestalteten Mariahilferstraße.

Copyright: C.Fürthner, MA28

Rechtliche und Organisatorische Rahmenbedingungen

Neben diesen wesentlichen Neuerungen gibt es noch weitere Vorhaben, die dem Zu-Fuß-Gehen Rechnung tragen. So soll der „Unterausschuss Radverkehr“, Teil des Sicherheitsausschusses im Verkehrsministerium, um die Agenden des Fußverkehrs erweitert werden. Bisher gab es im Verkehrsministerium weder eine personelle Stelle, noch ein Gremium, das sich explizit dem Fußverkehr widmete. Darüber hinaus ist von einer eigenen Organisationseinheit für Radfahren, Zu-Fuß-Gehen und Barrierefreiheit die Rede. Eine wesentliche Aufgabe dieser Einheit wird es sein, den Masterplan Gehen aus dem Jahr 2015 umzusetzen und weiter zu entwickeln. Ein Unterfangen, das mangels Ressourcen bisher nur sehr schleppend vorangegangen ist.

Immerhin, Fußgängerverkehr soll bei der Gestaltung der Straßenverkehrsordnung StVO und des Straßenraums stärker berücksichtigt werden, und auch als Kriterium bei „Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs“ künftig eine Priorisierung erfahren. Und im Kapitel Verkehrssicherheit heißt es: „Evaluierung der StVO auf Benachteiligungen des Radfahrens und Zufußgehens“.

Auch wenn vieles vage formuliert ist, so lässt doch einiges darauf schließen, dass das künftige Verkehrsressort dem Zu-Fuß-Gehen als Beitrag zum Klimaschutz eine höhere Bedeutung einräumt als bisher. Auf die Umsetzung darf man gespannt sein.

Regierungsprogramm 2020_Kapitel Radpaket und Zufussgehen
(für größere Ansicht Grafik anklicken)

Das gesamte Regierungsprogramm finden Sie hier: Regierungsprogramm 2020 – 2024 „Aus Verantwortung für Österreich“

1 Kommentar

Martina Roos sagte am 30.01.2020, 18:36:
Leider wird hier die Wohnstraße Schönbrunner Graben, sowie Schöberweg in 1170 Wien zu 99% von den Autolenkern in viel zu schnellem Tempo durchfahren, hier wird kaum Rücksicht auf Fußgänger genommen und aufgrund von angeblichem Personalmangel der örtlichen Polizei viel zu selten kontrolliert!!!
Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert