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Was die Straßen in Jedlesee verraten

Der flächenmäßig kleinste Bezirksteil in Floridsdorf ist Jedlesee. Bekannt ist er vor allem für die Pfarrkirche Maria-Loretto sowie den Jedleseer Aupark. Dass es weit mehr über Jedlesee zu wissen gibt verraten die Straßennamen – denn dahinter verbergen sich Geschichte, Geschichten und sogar ein bisschen Musik. Wir haben ein paar für Sie zusammengefasst. Sie kennen mehr? Verraten Sie sie uns als Kommentar zu diesem Blogartikel.

Au

Der Jedleseer Aupark und die Lage im Bezirk – direkt neben der Schwarzlackenau – lassen es bereits erahnen. Vor der Donauregulierung gab’s in Jedlesee viel Wasser. An die Schüttinsel und die Auenlandschaft erinnern heute auch noch einige Straßennamen, wie „Am Häufel“ und die „Äugelgasse“. Während Sie beim ersten Ausdruck sicher eine Idee haben, was er bedeuten könnte – Stichwort: Gänsehäufel – ist das bei „Äugel“ nicht so einfach. Der Begriff bezeichnet einfach eine kleine Au.

Bankerl im grünen Jedleseer Aupark

Jedleseer Aupark (Foto: Gugerell mit Lizenz CC0)

Übrigens auch die Überfuhrstraße an der Grenze zum Bezirksteil Schwarzlackenau erinnert an die frühere Wasserlandschaft. Hier gab es früher eine Überfuhr, also eine Fähre nach Nussdorf. Die Fähre gibt es nicht mehr. Mittlerweile können Sie hier „nur“ bis zur Donauinsel gelangen – das allerdings zu Fuß – die Jedleseer Brücke macht’s möglich.

Musik

Bei der Audorfgasse, die sich in unmittelbarer Nähe zur Überfuhrstraße befindet, könnten Sie mit den bisherigen Informationen einem Irrglauben über die Namensherkunft unterliegen. Sie ist nämlich nach dem Dichter Jacob Audorf benannt, der international in der Arbeiter:innenbewegung aktiv war. Er schrieb 1864 die Arbeiter-Marseillaise. Audorf ist nicht er einzige Musikschaffende aus der Arbeiter:innenbewegung, an den in Jedlesee eine Gasse erinnert. An den Dichter vom „Lied der Arbeit“ aus dem Jahr 1687 erinnert seit 1929 die Josef-Zapf-Gasse. Die Benennung der Karl-Gramm-Gasse erfolgte im selben Jahr und erinnert an den Komponisten des „Sozialistenmarsch“ für den Erfurter Parteitag der SPD 1891.

Apropos Musik: Die Gräfin Anna Maria von Erdődy sorgte dafür, dass ihr enger Vertrauter Ludwig von Beethoven mehrfach in Jedlesee zu Gast vor. An ihn erinnert heute der Beethovenweg in Jedlesee mit sechs Stationen.

Stimmgabel des Beethovenwegs vor der Lorettokirche

Stimmgabeln markieren den Beethovenweg in Jedlesee, hier vor der Loretto-Kirche (Foto: Mobilitätsagentur Wien)

Bier

Wer an Floridsdorf denkt, denkt eher an Wein als an Bier. Tatsächlich gab es in Jedlesee aber von 1787 bis 1930 die Jedleseer Brauerei. Gegründet wurde Sie von Anton Störck, einem Leibarzt von Maria Theresia. Ihm und zwei seiner Nachfolger – Anton Bosch und Anton Dengler – sind seit 1909 Straßen in Jedlesee gewidmet.

1837 findet sich in einem Buch zur Umgebung Wiens folgende Beschreibung des Brauhauses:

“ … vielleicht das größte, sicher aber eines der besten im Lande ist. 25 Arbeiter erzeugen auf zwei Pfannen und zwei Branntweinkesseln jährlich 80.000 Eimer Bier und 200 Eimer Branntwein, wovon nicht weniger als der vierte Theil im Orte selbst verzapft wird. Man kann daraus auf die Lebhaftigkeit des Straßenverkehrs schließen. Nicht leicht fährt ein Fuhrmann vorbei, ohne einen Augenblick zu halten, und an Sonntagen sieht man eine ganze Wagenburg …, welche aus Wien des köstlichen Bieres wegen heraus pilgern. Wäre ein hübscher Garten beim Hause, der Zuspruch würde noch größer seyn; sogar im Hofe lagern sich die durstigen Gruppen.“

Von den ursprünglichen Gebäuden der Brauerei ist nicht mehr viel übrig, auch nicht von den Brauereikellern, in denen KZ-Häftlinge während des zweiten Weltkriegs Flugzeugteile fertigten. Lediglich das Gambrinus-Gebäude an der Kreuzung Hopfengasse und Prager Straße steht noch.

Fußball

Jedlesee hat nicht nur eine florierende Braugeschichte, sondern auch eine blühende Fussballhistorie. Grund dafür ist der SK Admira Wien, der Ende des 19. Jahrhunderts in Jedlesee gegründet wurde, 1967 in die Südstadt übersiedelte und schließlich 1971 mit dem Sportklub Wacker fusionierte. Manchmal ist daher noch heute vom Admira-Platz in Floridsdorf die Rede, wenn der FAC-Platz gemeint ist. Fun Fact: Er liegt streng genommen schon in Großjedlersdorf und nicht in Jedlesee.

Die Admira war in der Zwischenkriegszeit ein erfolgreicher Erstligaklub und erreichte 1934 sogar das Finale des europäischen Mitropacups, dem damaligen Europapokal der Cupsieger. Damals standen für den Jedleseer Verein unter anderem Anton Janda, Peter Platzer und Rudolf Zöhrer am Platz. An alle drei Fußballer erinnern heute Straßen im Bezirksteil.

Teamfoto der Admira

Das Admira-Fußballteam im Jahr 1905 (gemeinfreie Nutzung)

Ganz schön viel zu entdecken in Jedlesee. Wenn Sie den kleinen Bezirksteil vor Ort erkunden, sollten Sie auch den Karl-Seitz-Hof an der Grenze zu Großjedlersdorf nicht verpassen. Er ist einer  von 15 GEHschichten, die Sie mit der LiDo-Fußwegekarte entdecken können.

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